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Sport und Prävention

Es ist ein wunderschöner akademischer Brauch, zu einem besonderen Jubiläum eine Festschrift zu schreiben. So freue ich mich sehr zum zehnjährigen Bestehen der AG Sport und Prävention des BNK einen Platz eingeräumt zu bekommen.

Werfen wir einen Blick zurück:

In der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie-Herz-Kreislaufforschung (DGK) wurde 1985 die Arbeitsgruppe (AG) „Sportmedizin“ gegründet, die sich mit kardiologischen Problemen im sportmedizinischen Bereich befasste. Es folgten 1995 die Arbeitsgruppe „Körperliche Belastbarkeit bei nichtkoronaren Herzerkrankungen“ und 2005 die bis heute bestehende AG 32 „Sportkardiologie“.

Innerhalb der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) publizierte die Arbeitsgruppe Sportkardiologie 2013 ein Curriculum für eine Fortbildung der Subspezialität Sportkardiologie. Ziel dieser Initiative ist die Etablierung einheitlicher, länderübergreifender Weiterbildungsinhalte zur Standardisierung und Optimierung der kardiovaskulären Evaluation und Betreuung von Leistungs- und Freizeitsportlern.

Ebenfalls 2013 formierte sich im Bundesverband niedergelassener Kardiologen (BNK) eine Gruppe von Sportmedizinern und gründete die „AG Sport und Prävention“, begleitet von Jost Wirtz und Norbert Smetak.

Unsere Vision war es, das Wissen über den Benefit von körperlicher Aktivität und Sport jedem Patienten bundesweit zugänglich zu machen und ein flächendeckendes sportkardiologisches Netz zu schaffen. Das richtige Maß an Bewegung hat nachweislich einen großen Nutzen in der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen und in der Therapie und Rehabilitation von stabilen Herzerkrankungen, aber bislang kaum Einzug in die ärztliche Aus- und Weiterbildung genommen. Ein weiteres Anliegen war die spezialisierte Betreuung von Leistungs- aber auch Breitensportlern mit kardiovaskulären Erkrankungen.

Neben dem Aufbau einer sportkardiologischen BNK- Fortbildungsreihe suchten wir die enge Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen. Insbesondere mit der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (Deutscher Sportärztebund) e.V. (DGSP) und der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen e.V. (DGPR) konnten viele Synergien gemeinsam genutzt werden. Ein faires Teamplay mit Bündelung von gemeinsamen Interessen im Hinblick auf Sport und Bewegung ist der verbindende Nenner.

Mehreren BNK-Mitgliedern wurde es in den Jahren ermöglicht im Nucleus der AG 32 aktiv zu sein. In der letzten Dekade stammten zwei Sprecher und eine Sprecherin aus der AG Sport und Prävention im BNK.

In dieser engen Zusammenarbeit wurde aus der Arbeitsgruppe 32 zunächst ein Kommentar (2015) und anschließend das Curriculum „Sportkardiologie“ (2019) publiziert, die sich an den Empfehlungen der European Association of Cardiovascular Prevention and Rehabilitation der European Society of Cardiology orientieren. Ziele des Curriculums sind es die Qualität der Versorgung von Patienten bzw. Athleten mit sportkardiologischen Fragestellungen zu verbessern. Die Präsidenten Prof. Hugo Katus und Prof. Norbert Frey erkannten schnell, dass eine DGK ohne Empfehlungen zu körperlicher Aktivität und Training nicht mehr denkbar war.

Zeitgleich konnte im Januar 2019 in Bad Qeynhausen der erste DGK-Akademiekurs „Sportkardiologie“ angeboten werden. Mittlerweilen wurden an 3 weiteren Standorten (Düsseldorf, München, Stuttgart) und auch online 15 Akademiekurse (über jeweils zwei Tage) angeboten. 600 Kardiologen und Kardiologinnen konnten diese Kurse erfolgreich mit einer Prüfung abschließen. Hier und auch im Rahmen der sportkardiologischen Sitzungen an den DGK-Jahrestagungen und digital im Rahmen von DGK.online sind regelmäßig niedergelassene BNK´ler als Referenten beteiligt. Es besteht in Deutschland ein großer Bedarf und ein großes Interesse daran, umfassendes Wissen und Ausbildung im Fach Sportkardiologie zu erwerben.

2020 erschien das AG das Buch „Sportherz und Herzsport“ mit Empfehlungen für die sportkardiologische Praxis, das laut Thieme -Verlag „Perfekt als Skript für den DGK-Akademiekurs Sportkardiologie“ geeignet ist und mit den Autoren Berrisch-Rahmel, Rost und Stumpf nicht nur die enge Verzahnung von Klinik und Praxis, sondern auch der AGs aus BNK und DGK zeigt.

Es ist nicht ausreichend, als Arzt pauschale Empfehlungen zu „mehr Bewegung“ auszusprechen. Meist bleibt es bei einem Bewegungsmangel. Aber gerade für Herzpatienten kann möglicherweise ein Zuviel an Sport auch schädlich sein. Im klinischen Alltag fehlten bisher oft spezifische Bewegungsempfehlungen zur Erkrankung und Risikokonstellation. Die 2020 veröffentlichten “ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease / ESC Leitlinien 2020 für Sportkardiologie und körperliche Bewegung bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, an denen Prof. Martin Halle beteiligt war, konnten diese Lücke füllen.

Am Erwerb der Zusatzqualifikation Sportkardiologie bestand von Beginn an ein großes Interesse. In der Akademie trafen bislang fast 400 Anträge von Personen ein. Seit kurzem kam die Möglichkeit einer Qualifizierung der Stätten hinzu. Bislang erhielten 3 Stätten dieses Zertifikat ebenso eine BNK Praxis.

Beim Rückblick auf 10 Jahre AG-Geschichte bin ich fasziniert. Sport und Bewegung wird zunehmend ein fester und eigenständiger Bestandteil der BNK- und DGK-Landschaft. Die Sportkardiolgie ist in der Vernetzung von Wissenschaft, Klinik und Praxis besonders stark. Im klinischen Alltag ist die direkte Übertragung von der Theorie in die Praxis erlebbar. Wir sind gut aufgestellt, um weiterhin erfolgreich zu sein. Aber es bleibt noch viel zu tun.

Auf die 10-jährige Erfolgsgeschichte sind wir stolz und freuen uns auf die Herausforderungen der nächsten Jahre. Wir wollen groß und fröhlich feiern im Jubiläumsjahr 2023. Im Rahmen der Herzaktion Weimar vom 12.-13. Mai laden wir herzlich ein zu unseren Symposien und zum traditionellen BNK-Morgenlauf.

Literatur

[1] Heidbuchel H, Papadakis M, Panhuyzen-Goedkoop N, Carré F, Dugmore D, Mellwig KP, Rasmusen HK, Solberg EE, Borjesson M, Corrado D, Pelliccia A, Sharma S; Sports Cardiology Section of European Association for Cardiovascular Prevention and Rehabilitation (EACPR) of European Society of Cardiology (ESC). Position paper: proposal for a core curriculum for a European Sports Cardiology qualification. Eur J Prev Cardiol. 2013 Oct;20(5):889-903. doi: 10.1177/2047487312446673. Epub 2012 May 11. PMID: 22582328.

[2] Niebauer J, Preßler A, Burgstahler C, Scharhag J, Berrisch-Rahmel S, Möhlenkamp S, Schmermund A, Mellwig K, Löllgen H, Halle M. (2016) Kommentar zum Positionspapier der EACPR zur Etablierung eines europaweiten Curriculums für eine Zusatzqualifikation Sportkardiologie. Kardiologe 10:9–23 doi:10.1007/s12181-015-0034-4

[3] Burgstahler C, Pressler A, Berrisch-Rahmel S et al. Curriculum Sportkardiologie,Kardiologe (2019) 13: 236. doi:10.1007/s12181-019-0337-y

[4] Berrisch-Rahmel S, Pressler A, Dahm J, Frey N. Das Curriculum Sportkardiologie, Aktuelle Kardiologie (2020) 9: 196-200. doi:10.1055/a-1125-5798

[5] Berrisch-Rahmel S, Rost C, Stumpf C. Sportherz und Herzsport, Thieme Verlag 2020; ISBN: 9783131751010

[6] Pelliccia A, Sharma S, Gati S et al ,ESC Scientific Document Group, 2020 ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease: The Task Force on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease of the European Society of Cardiology (ESC), European Heart Journal, ehaa605, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaa605

[7] Halle M, Burgstahler C, Gielen S et al. Kommentar zu den Leitlinien (2020) der ESC zu Sportkardiologie und körperlichem Training für Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen.
Kardiologe 15, 364–369 (2021). https://doi.org/10.1007/s12181-021-00483-8

Autoren

Dr. med. Susanne Berrisch-Rahmel ist Fachärztin für Innere Medizin – Kardiologie – Sportmedizin mit eigener Praxis für Kardiologie / Innere Medizin, Sportmedizin und Sportkardiologie (KardioPro) in Düsseldorf. Sie ist Past-Sprecherin der AG 32 Sportkardiologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und Sprecherin AG Sport und Prävention des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen (BNK). Außerdem ist sie wissenschaftliche Beirätin der sportärztezeitung.

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